Während in anderen Sparten nicht mehr lange nachgedacht wird, scheint es immer noch Diskussionsbedarf zu geben, wenn es um den Kauf eines E-Rennrads geht. Citybike mit E? Klar – statt Auto! eMountainbike? Logo, die Steigung ist ja praktisch schon im Namen enthalten. Aber ein E-Rennrad – OMG, bist du etwa unsportlich?
Keine Sorge, wir unterstellen dir keinen mangelnden Sportsgeist, und ein Rennrad E-Bike ist keinesfalls eine lahme Krücke. E-Rennräder hatten einfach einen schweren Start (und das tatsächlich im Wortsinn!). Mehr dazu weiter unten, zunächst schauen wir uns die Fahrräder etwas genauer an und wir liefern dir hier ein paar gute Gründe für den Kauf eines Rennrads mit Motor, mit deren Hilfe du dich und andere überzeugen kannst!
Ist ein E-Bike Rennrad einfach zu schwer?
Zuerst der Elefant im Raum: Die leidige Gewichtsfrage. Rennräder sind leicht, E-Bikes sind schwer. Wird aus der Kombi daher immer ein fauler Kompromiss? Ist ein E-Rennrad einfach zu schwer, um seinem Namen gerecht zu werden? Glücklicherweise nicht (mehr). Fahrradkomponenten werden immer leichter, E-Bike-Antriebe werden immer leichter. Insgesamt wird daraus seit einigen Modelljahren eine attraktive, sportliche und vor allem schnelle Kombination.
Alles in allem können einige moderne E-Rennräder die 12 Kilo-Marke unterbieten.
Welche Ausstattung hat ein E-Rennrad?
“Weniger ist mehr” ist die allgemeingültige Regel des Rennrads. Wenn ein E-Rennrad daraus werden soll, braucht’s natürlich etwas mehr Ausstattung. Trotzdem wird versucht, die Teileliste möglichst kurz, das Bike schlank und das Gewicht gering zu halten.
Ein wichtiger Punkt beim E-Rennrad: Der Antrieb darf nicht zu sehen sein! Bild © Trek
Der passende Antrieb für ein E-Rennrad
Leicht und vor allem unsichtbar sollte er sein, der perfekte Antrieb für ein E-Rennrad. Außerdem muss er die passende Unterstützung liefern. Das gelingt nicht jedem der Systeme. Hier sind die Optionen:
- Lange war Fazua der einzige ernstzunehmende Lieferant für E-Rennrad-Motoren. Derzeit empfiehlt der Hersteller seinen Ride 60 fürs Rennrad E-Bike. Du bekommst 60 Nm Leistung und 430Wh Akku bei knapp 4,3kg Gewicht.
- Mahle liefert ebenfalls einen Rennrad E-Antrieb. Der X20 schiebt mit 55Nm Drehmoment und maximal 353 Wh Akkukapazität bei 3,2 Kilo.
- Ein weiterer Hersteller, der einen Antrieb im Angebot hat, der auch am Rennrad Sinn macht, ist TQ. Er bietet 50Nm Drehmoment, einen 360 Wh-Akku und knapp 3,7 Kilo.
- Heute bauen die Fahrradhersteller ihre Drive Units auch hin und wieder selbst. Darum lohnt es sich, beim Kauf eines Rennrads mit Motor die Spezifikationen zu lesen und zu vergleichen.
Wie du in unserem Vergleich siehst, sind die Kennzahlen sehr ähnlich. Die Wattzahl der Antriebe ist ohnehin überall gleich, denn das Gesetz regelt sie. Beim Drehmoment und der Ladekapazität des Akkus haben die Konstrukteure freie Hand, die Leistungen sind aber eher klein gehalten, denn schließlich soll das E-Roadbike insgesamt ja leicht bleiben. Um die Reichweite zu verlängern, kannst du bei den meisten Modellen mit einem Range Extender nachhelfen.
Oft sind am E-Rennrad Hinterradantriebe zu finden, denn diese System sind ganz besonders leicht.
Antriebe für E-Rennräder in der Übersicht
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Fazua
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Mahle
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TQ
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Modell
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Ride 60
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X20
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TQ-HPR50
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Drehmoment
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60Nm
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55Nm
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50Nm
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Akkukapazität
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430Wh
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242/353 Wh
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360Wh
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Gewicht
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4,3kg
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3,2kg
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3,9kg
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Motorposition
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Mittelmotor
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Hinterrad
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Hinterrad
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Optionen
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Akku entnehmbar (2,3kg) oder fest eingebaut (2,2kg)
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Akkus mit 242 Wh oder 353 Wh
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Übersicht Rennrad E-Bike-Syteme
Schaltungen für E-Rennräder
Etwas anderes als eine hervorragende Rennradgruppe brauchst du an einem E-Rennrad nicht erwarten. Shimanos Ultegra, SRAM Rival eTap AXS und andere illustre Namen sind die Regel, 1x12 ist der Standard. Alles andere würde schon gewichtsmäßig keinen Sinn machen.
Display & E-Bike-Steuerung
Ein prominentes Display suchst du am E-Rennrad vergebens, es gibt – wenn überhaupt – einen kleinen Bildschirm im Rahmen. Für mehr Informationen bieten viele Bordsysteme die Möglichkeit, das Bike mit dem Handy oder Fahrradcomputer zu verknüpfen, kabellos versteht sich.
Ist die 25 km/h Grenze beim E-Rennrad ein Problem?
E-Bikes – auch E-Rennräder – dürfen nur bis 25 km/h Unterstützung liefern, danach musst du dich wieder auf deine Muskeln verlassen. Ein Rennrad ist normalerweise schneller unterwegs. Was bringt dir also der Motor?
Der Antrieb schiebt dich bergauf oder wenn du einfach nicht mehr kannst. Das ist das ganze Geheimnis des Rennrads + E.
Bei frühen E-Bike-Modellen war das Erreichen der 25-km/h-Grenze übrigens ein echtes Problem, denn der Motor ist an diesem Punkt nicht einfach ausgestiegen. Je nach Modell und Baureihe haben die ruhenden Antriebe für einen unangenehmen Tretwiderstand gesorgt, bis sie wieder arbeiten durften. Dieses Problem tritt bei neueren Baureihen nicht mehr auf. Wenn du über 25 km/h schnell fährst, fällt die Unterstützung weg, das ist natürlich spürbar. Aber du kannst dein E-Rennrad dann pedalieren wie jedes andere Roadbike auch.
Wo funktioniert ein E-Rennrad?
Der Alpenpass, die Landstraße, der gut ausgebaute Radfernweg. Wie auch ein normales Rennrad funktioniert das E-Rennrad auf glatten Straßen am besten. Es hat die schmale Rennradbereifung und die effiziente Geo, die du von einem Roadbike gewohnt bist.
E-Rennrad oder E-Gravel?
Gilt für den Kauf eines E-Rennrads die Regel “Kennst du eines, kennst du alle”? Eher nicht…
Wenn du beschlossen hast, dir ein E-Rennrad zuzulegen, musst du weitere Entscheidungen treffen, denn es gibt verschiedene Schwerpunkte. Während ein echter Racer sich vollkommen dem Aufbau von Top-Geschwindigkeiten verschrieben hat und dem Vortrieb alles andere unterordnet (auch den Sitzkomfort zum Beispiel) sind andere Räder so gebaut, dass du doch auch eine längere Strecke darauf überstehen kannst, ohne direkt im Anschluss einen Orthopäden aufsuchen zu müssen (= Endurance Rennrad). Auch Rennräder mit etwas mehr Reifenclearance wurden bereits gesichtet, damit sie auch auf etwas rauer geteerten Straßen fahren können. E-Rennräder bewegen sich eher im gemäßigten Feld, die krassen Rennmaschinen bleiben dann doch eher dem reinen Muskelbetrieb treu.
Du kannst dich nicht entscheiden? Das geht vielen Rennradfans so, vielleicht haben gerade Dropbar-Bikes aus diesem Grund einen ausgeprägten Herdentrieb, sie bleiben selten alleine! Unsere Prognose ist: Wenn du ein Rennrad (auch 2 oder 3 sind keine Seltenheit) hast, wird ein Gravel Bike folgen und dann irgendwann ein E-Rennrad. Auch ein Cyclocross Bike ist als Ergänzung denkbar. Und wie wär’s dann noch mit einem Vintage Stahlrad für sonntags ;-) ?
Häufig wird die Frage nach Rennrad oder Gravel Bike gestellt, oder eben nach E-Rennrad oder Gravel E-Bike. Die Entscheidung ist hier eigentlich ganz einfach:
- Wenn du Kilometer spulen und Höchstgeschwindigkeiten knacken willst, kaufe ein Rennrad oder E-Rennrad.
- Wenn du eine sehr sportlich, tiefe Sitzposition einnehmen möchtest, brauchst du ein E-Rennrad.
- Das E-Rennrad ist auch der Kandidat für maximale Effizienz.
- Wenn du verschiedene Untergründe befahren möchtest, ist ein Gravel Bike (mit oder ohne E) mit seiner breiteren Bereifung besser.
- Für maximalen Speed in tiefem Dreck brauchst du ein Cyclocrossrad.
Ist ein E-Rennrad das richtige Fahrrad für dich?
Ein E-Rennrad ist sicherlich nicht das passende Bike für jeden. Aber viele Rennrad-Enthusiasten profitieren von etwas Elektro-Rückenwind!
- Wer sich von einer Verletzung oder Erkrankung erholen will, muss langsam machen! Hier ist es wichtig, auf den Körper zu achten und ihn nicht zu überfordern. Die Unterstützung durch einen E-Antrieb kommt da gerade recht! Er entlastet dich auf den entscheidenden Wegabschnitten und hilft dir dabei, Fitness aufzubauen.
- Die leidige Tagesform! Du kennst die Tage, an denen kraftmäßig gar nix geht, du aber trotzdem Frischluft brauchst. Da ist ein E-Rennrad eine gute Hilfe.
- Du könntest auf’s Fahrrad steigen, aber … ganz ehrlich … du hast keinen Bock? Da kann dir ein E-Bike weiterhelfen. Auch auf einem E-Rennrad kannst du frische Luft tanken und dich bewegen. Aber es ist bei Weitem nicht so anstrengend, du kannst die Zeit im Sattel einfach genießen. Das sorgt für die nötige Motivation.
- Wer wenig Zeit fürs Training hat, ist oft frustriert – denn die erwünschte Kondition will sich einfach nicht einstellen. Hier kannst du dir von einem E-Rennrad helfen lassen, bis du die angepeilte Strecke alleine schaffst.
- Jede*r Fahrradfahrer*in kommt irgendwann in die Jahre. Dann ist es besser für Körper, Gemüt und Motivation, wenn man sich etwas Unterstützung holt. Das Bio-Bike würde vielleicht altersbedingt dauerhaft in der Ecke landen, auf dem E-Rennrad warten noch viele, viele spannende Fahrradkilometer auf dich!
- Radfahren in der Gruppe macht Spaß. Weniger schön ist es, wenn der Rest der Gruppe sich topfit den Alpenpass hinauf schraubt, und du nach der Hälfte auf den Bus umsteigen musst. E-Rennräder fallen in der Gruppe nicht weiter auf, aber du kannst wieder mithalten!
Welches E-Rennrad solltest du kaufen?
Nach wie vor ist das Angebot an E-Rennrädern überschaubar, aber jeden Tag werden es mehr. Die Leistung der Antriebe ist mehr oder weniger gleich, das hat unser Vergleich weiter oben gezeigt. Es ist schwer, hier einen bestimmten Hersteller oder ein spezielles Modell hervorzuheben. Achte einfach darauf, bei bekannten Herstellern wie Trek oder Orbea zu shoppen, dann stimmen Qualität und Support.
Die nahtlose Integration des Antriebs (hier das Display)
hat E-Rennrädern echte Daseinsberechtigung gegeben. Bild © Trek
4 gute Gründe für den Kauf eines E-Rennrads
1. 25 km/h. Soll das ein Witz sein?
Ein E-Bike darf nur bis 25 km/h unterstützen. Über 25 km/h kann ein*e Rennradfahrer*in nur müde lächeln. Bis es bergauf geht. Die Steigungen deiner Heimat oder die Tour im Schwarzwald, die deine Rennradgruppe plant, sind schon für viele echt eine Herausforderung. Aber Alpenpässe gehören zu den Wunsch-Locations aller Rennradfahrer, erfüll dir den Traum mit etwas Hilfe!
2. Ein E-Bike macht einfach Spaß! Das gilt auch für E-Rennräder!
Klar kannst du beim Rennrad-Training alles geben. Aber manchmal darf das Radfahren einfach Spaß machen! Auch auf dem Roadbike darfst du Genussrunden drehen, und der Antrieb hilft dir dabei!
3. Du bist nicht fit? Lass dir vom E-Rennrad helfen!
Nach einem Winter mit vielen Plätzchen, einer Verletzung oder einer längeren Krankheitsphase kann der Wiedereinstieg ganz schön schwer fallen. Oder bis ein Trainingstief zuschlägt. Ober bis eine Verletzung ausheilen muss. Die Hilfe mit Geschwindigkeitslimit solltest du nicht einfach belächeln. Wer weiß, wann du sie brauchst! Außerdem werden wir alle nicht jünger! Bevor du das Rennrad ein für allemal in die Ecke stellst, lass dir helfen!
4. Du bist mit dem E-Rennrad nicht verheiratet!
Einmal E-Rennrad – immer E-Rennrad?
Nein!! Nur weil du hin und wieder auf ein E-Rennrad steigst, heißt das noch lange nicht, dass du dem 6-Kilo-Bio-Carbon-Flitzer für immer adios sagst! Das E-Bike hilft dir über Trainingsflauten oder Touren in bergigen Gegenden. Es fühlt sich aber nicht Sicherheit nicht betrogen, wenn du auch mit dem Bio-Bike oder einem Gravel deine Runden drehst!
Das E-Rennrad im Rückblick – ein Sieger mit Verzögerung
Wagen wir zum Schluß einen Ausflug in die Geschichte des E-Rennrads – denn die ist wirklich interessant! Während alle anderen E-Bikes schon längst scharenweise unterwegs waren, wurde das Rennrad + E noch jahrelang belächelt, seine Daseinsberechtigung wurde angezweifelt – und es gab ungefähr zwei Modelle zu kaufen. Das hatte einen einleuchtenden Grund:
Warum brauchten Rennrad E-Bikes ein bisschen länger?
Am schwierigen Start waren nicht die E-Road Bikes selber schuld, es lag auch nicht am mangelnden Interesse. Das Problem waren die großen und schweren Antriebe. Rennräder sind die leichtesten Fahrräder überhaupt. Es gibt ein Mindestgewicht (!) für Profi-Rennräder, es liegt bei 6,8 Kilogramm. Ein normaler E-Bike Antrieb wiegt 5 Kilo und mehr, der Motor schlägt dabei mit ca. 3 Kilo zu Buche, der Akku mit noch einmal ca. 2,5 Kilo. Damit hätte das Profi-Rennrad sein Gewicht auf einen Schlag fast verdoppelt. Klingt wenig attraktiv, oder? Von der optischen Beeinträchtigung durch den – inzwischen antiken – externen Akku und den klobigen Motor ganz zu schweigen!
Ein leichter Antrieb ist perfekt für ein E-Rennrad!
E-Rennräder wurden folglich in dem Moment attraktiv, in dem die passenden Antriebe verfügbar waren. Inzwischen sind kleine, leichte Antrieb auf dem Markt, die Spaß machen. Größere Hersteller sind dazu übergegangen, selber Antriebe zu entwerfen, die perfekt zu ihren Fahrrädern passen. Insgesamt war ein Ruck auf dem E-Bike-Markt zu beobachten, als Light E-Bikes (besonders leichte E-Bikes) erschienen. Die Idee dahinter war einfach: Nicht jede*r Radfahrer*in braucht einen gewaltigen Antrieb. Schon gar nicht am E-Rennrad! Ein bisschen Hilfe auf der Steigung. Etwas Unterstützung auf den letzten Kilometern. Genau das liefert ein moderner Rennrad-Elektroantrieb. Und damit war die Jagd nach Road-Kilometern mit E-Unterstützung eröffnet!